Führung im Duo: Im Gespräch über gelebte Co-Leitung
Personen teilen sich die Führungsverantwortung, übernehmen aber unterschiedliche Aufgaben und ergänzen sich so optimal. Die Vorteile sind vielfältig: bessere Vereinbarkeit, gebündelte Expertise, Wissen im Unternehmen halten. Auch im Resort Hof Weissbad wird dieses Modell gelebt: Elias Leu führt die Direktion Hotel gemeinsam mit seiner Frau Susanne Leu. Doch wie funktioniert das im Alltag? Darüber sprach mit uns Elias Leu.
Sie arbeiten mit Ihrer Frau schon länger eng als Team zusammen. Wie ist diese Zusammenarbeit entstanden und wie hat sie sich in Ihren bisherigen beruflichen Stationen entwickelt?
Wir haben uns während eines Praktikums auf Fuerteventura kennengelernt. Damals studierte ich an der Hotelfachschule Luzern und meine Frau absolvierte ihr Tourismusstudium in Halle an der Saale. Die Zusammenarbeit hat sich dann schnell ergeben – der ausschlaggebende Punkt war, dass wir uns sowohl fachlich als auch privat hervorragend ergänzen. Und genau diese Kombination ist in unserer Situation enorm wichtig.
Über die Zeit hat sich unsere Zusammenarbeit sehr positiv entwickelt. Natürlich war der Anfang nicht immer einfach, vor allem, was Absprachen und Koordination betraf. In der Startphase fühlte sich die Co-Leitung eher nach doppeltem Aufwand an als nach Entlastung. Doch das Learning kam schnell: Heute haben wir klar aufgeteilte Verantwortungsbereiche und wir können uns blind vertrauen. Mittlerweile wissen wir, dass unser System funktioniert. Unsere Profile haben wir dahingehend geschärft, dass sich jeder auf die eigenen Stärken konzentrieren kann, denn meine Stärken sind die Schwächen meiner Frau – und umgekehrt.
Welche individuellen Stärken bringen Sie jeweils ein, die sich im Tandem besonders gut ergänzen?
Ich bin sehr präsent an der Front und brauche den direkten Kontakt zu Menschen. Der Austausch mit unseren Gästen ist mir enorm wichtig – ich möchte sie überraschen, begeistern und für sie die Extrameile gehen. Gleichzeitig sehe ich mich in einer Vorbildfunktion für mein Team. Ich habe viele Ideen und einen starken Drang nach Weiterentwicklung und Optimierung. Ich bin im Service tätig, wo vieles spontan geschieht und wir oft ad hoc Lösungen finden müssen.
Bei meiner Frau ist das anders: Sie arbeitet vor allem im Büro, wo Prozesse formeller ablaufen und der Rahmen klarer definiert ist. Sie ist zudem eher im Detail zu Hause. Sie denkt sehr objektiv, kann Situationen anhand weniger Informationen präzise einschätzen und bewerten. Ihre Arbeitsweise ist unglaublich strukturiert und koordiniert – etwas, das bei mir nicht immer der Fall ist. In vielerlei Hinsicht ist sie das komplette Gegenteil von mir – und genau das macht uns als Team so stark.
Wie haben Sie Ihre Verantwortlichkeiten untereinander aufgeteilt, und wo überschneiden sie sich bewusst?
Jeder von uns kann sich auf seine Stärken fokussieren. Ich komme aus dem F&B-Bereich, habe eine Lehre als Koch gemacht und lange in verschiedenen Restaurants und Hotels gearbeitet, wo ich auch grosse Teams führen durfte. Heute verantworte ich das Restaurant, die Küche und den gesamten Servicebereich. Ich habe eine Affinität zu Zahlen und bin oft an der Front – deutlich mehr als meine Frau, auch weil sie sich stärker um unsere fünfeinhalbjährige Tochter kümmert. Ich bin ein dynamischer Mensch, entscheide schnell und habe viele Ideen. Meine Frau arbeitet eher im Hintergrund, ist stark administrativ tätig, verantwortet Marketing und Sales, führt die Rezeption und unsere Blumenwerkstatt. Sie ist sehr objektiv und holt mich immer wieder auf den Boden zurück. Ich denke oft gross, sie bricht Dinge auf das Wesentliche herunter, was besonders hilfreich ist, wenn wir neue Ideen entwickeln oder dem Team etwas vorstellen.
Was gelingt im Duo besser als allein?
Es ist schön zu wissen, dass man sich jederzeit mit jemandem auf dieser Ebene austauschen und absichern kann. Das empfinde ich als grossen Vorteil, wenn man zu zweit ist – gerade in herausfordernden Zeiten wirkt alles weniger extrem. Und Erfolge zu zweit zu feiern, fühlt sich wie ein doppelter Erfolg an. Das ist für mich das Schönste. Gleichzeitig ist es eine ideale Basis, wenn jeder sich auf seine Stärken konzentrieren kann und die Aufgaben klar verteilt sind – eine bessere Ausgangslage gibt es kaum.
Wann wird’s knifflig und wie gehen Sie damit um?
Knifflig wird es, wenn wir uns in einem Punkt uneinig sind oder wenn im Verantwortungsbereich des anderen etwas nicht so läuft, wie man es sich selbst wünschen würde. Das birgt Konfliktpotenzial – und solche Themen nehmen wir natürlich auch mit nach Hause. Wir haben gelernt, sie sofort anzusprechen und nicht aufzuschieben. Kommunikation ist dabei das A und O.
Eine weitere Herausforderung ist die Ansprechbarkeit gegenüber den Mitarbeitenden. Ich bin stärker an der Front, näher bei den Gästen und im Team – dadurch bekomme ich automatisch mehr mit. Das kann schwierig werden, wenn Mitarbeitende mit Anliegen zu mir kommen, die eigentlich in den Aufgabenbereich meiner Frau fallen. Da gilt es, einerseits für die Mitarbeitenden da zu sein, andererseits aber auch die Rollen klar zu halten und eine gewisse Distanz zu wahren.
Was würden Sie anderen mit auf den Weg geben, die über eine Co-Leitung nachdenken?
Kompetenzen klären und Transparenz schaffen sind zentrale Themen, an denen man kontinuierlich arbeiten muss. Ebenso wichtig ist es, Entscheidungen rasch zu treffen – Absprachen dürfen sich nicht aufstauen. Gerade für die Mitarbeitenden kann es schwierig werden, wenn Entscheidungsprozesse unter der Co-Leitung ins Stocken geraten. Auch die Kommunikation im Unternehmen und ein geschlossenes Auftreten der Co-Leitung nach aussen sind entscheidend. Fehlt diese Einheit, entstehen leicht Unsicherheiten. Ebenso wichtig ist es, die Verantwortungs- und Entscheidungsbereiche des anderen zu respektieren und anzuerkennen.
Zum Schluss: Co-Leitung braucht Klarheit und Vertrauen
Führungsduos können sich wunderbar mit ihren vielfältigen Stärken ergänzen und ihre Schwächen ausgleichen. Doch die perfekte Balance kommt nicht ohne Kosten – sie birgt Konfliktpotenzial, verlangt klare Kommunikation, viel Vertrauen und zwei Persönlichkeiten, die zueinander passen. Co-Leitung ist kein Selbstläufer aber ein Zukunftsmodell für all jene, die Führung neu denken wollen.

